Jüdischer Musiker auch in Schöneberg bedroht
Nur Ben Shalom ist Klarinettist. Und er ist Israeli. Wie es sich als Jude in Berlin und insbesondere in Schöneberg lebt, darüber berichtete der Musiker am 19. Oktober auf der Mitgliederversammlung der SPD-Abteilung Schöneberg-City. „Ich stolz, dass ich in Schöneberg wohne“, bekennt Ben Shalom mehrmals. Im Verhältnis zu anderen Bezirken gebe es in Tempelhof-Schöneberg relativ wenige antisemitische Angriffe.
Und dennoch: Auch Nur Ben Shalom wurde Opfer antisemitischer Drohungen. Die Polizei habe seine Anzeige anfangs nicht ernst genommen, es habe Monate gedauert, bis er seinen Namen am Klingelschild anonymisieren durfte. Eine Videokamera mit Blick ins Treppenhaus zu installieren, werde im bis heute nicht gestattet. Allerding sei die Zusammenarbeit mit der Polizei inzwischen besser geworden. Und die scheidende Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler habe ihm eine ermutigende E-Mail geschickt – eine scheinbar kleine Geste, die aber trotzdem Sicherheit bedeute und das Gefühl vermittelt habe, nicht allein zu sein.
Auch nach 14 Jahren in Berlin hält sich der aus Tel Aviv stammende Künstler an strikte Vorsichtsmaßnahmen. „Ich muss jedes Mal einen anderen Weg nach Hause gehen“, sagt er. Auch seine musikalischen Projekte werden regelmäßig bedroht. Derzeit arbeitet Nur Ben Shalom mit dem Ev. Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg an den „Lebensmelodien“, Stücken jüdischer Komponist*innen aus der Verfolgungszeit 1933-45. Diese Melodien wurden in Archiven wiederentdeckt und mit den Lebensgeschichten der Menschen verbunden, die aus der Todeszone heraus Musik komponierten.
Volker Warkentin